Sonntag, 28. Juni 2020

Manchmal muss es Meer sein!

Es gibt wieder die Möglichkeit zu reisen! Na gut, ich traue mich nicht wie sonst einfach los zu radeln und da zu bleiben, wo es mir gefällt (oder ich keine Lust mehr habe 😀). Aber raus will ich! Das Ziel steht auch fest: die Nordsee.

Einige Orte schliesse ich wegen akutem Covid-19-Befall aus. Andere entsprechen nicht meinem Geldbeutel. Viel Zeit bleibt auch nicht übrig. O. k., vier Tage sind auf alle Fälle drin. Meine Wahl fällt auf Cuxhaven. Genauer: Wurster Nordseeküste.
Pack die Sachen und fahr ans Meer!
Ich bekomme ein Zimmer im Hotel Eymers. Vorweg: eine gute Wahl!

Die Fahrt fand ich durch die ganzen Baustellen anstrengend; bei meiner Ankunft empfing mich ein Schwall von "Landluft aus dem Stall", verursacht von den Kühen gegenüber...

Die Tür war einladend geöffnet, der Wirt kam direkt und zeigte mir das Zimmer. Als ich mein Gepäck aus dem Auto ausgepackt und mich im Zimmer eingerichtet hatte, öffnete auch der Himmel seine Schleusen - der lang ersehnte Regen war da!

Hoteleingang
Die erste Ausfahrt habe ich dadurch verspätet vorgenommen, das Meer war erst mal weg.
Auf dem Deich
In den Gräben wachsen wilde Iris:

Der nächste Morgen startete mit Sonnenschein. Also radele ich los - heute nach Cuxhaven. Zuletzt war ich mit den Pfadfindern dort - das war 2005! Es hat sich nicht wirklich viel verändert. Der Nationalpark "Wattenmeer" ist bestimmend für die Gestaltung der Landschaft, nicht nur vor dem Deich.

Willkommen im Nationalpark
Der Weg nach Cuxhaven ist gut ausgeschildert.

Frau kann wählen, welchem Weg sie folgen will. In und um Cuxhaven wurden Routen unterschiedlicher Länge ausgewiesen, die sich farblich im Logo unterscheiden. Eine feine Sache, wenn sie eindeutig den Weg weisen!

Ganz gemütlich radele ich durch Berensch und Arensch Richtung Sahlenburg. Der Weg führt nicht immer am Meer entlang, auch durch die Dörfer mit dem dort typischen Pflaster-Strassenbelag. Das schüttelt durch!

Eichenkrattwälder
Ein Teil der Strecke führt kilometerweit durch Eichenwald. Morgens hatte ich die Schlagzeile "Wolf am Strand in Sahlenburg gesehen" gelesen - hier hätte er eine Rückzugsmöglichkeit!
Kiefer am Besucherzentrum Wattenmeer
In Sahlenburg geht es wieder ans Meer - zumindest ist es in Sichtweite! Auch Neuwerk ist zu sehen.

In Duhnen erwerbe ich Ansichtskarten und die dazu gehörigen Briefmarken. Es ist ziemlich belebt, aber die Geschäfte haben geöffnet! GottseiDank hatte ich in den vergangenen Wochen ausreichend Masken genäht und kann jetzt mit dem "Mund-Nasen-Schutz" die Geschäfte auch betreten.

Einige öffentlich Einrichtungen sind weiterhin geschlossen, z. B. die Besucherplattform in Duhnen. Ausblick gibt es trotzdem!

Viele Radfahrer sind unterwegs, es treffen sich die Radwege der Weser und der Elbe in Cuxhaven.

An der Kugelbake
Schneller als gedacht bin ich an der Kugelbake.
Muss im Bild fest gehalten werden!
Bedingt durch den prominenten Standort lassen sich von dort aus hervorragend Schiffe beobachten - die aus der Elbe und der Weser kommen oder dorthin wollen.
Weiter radele ich, jetzt immer am Meer entlang. Hier in Döse ist ein Badestrand, derzeit sind alle Strandkörbe noch geschlossen.
Strandkörbe in Döse
Auf der Promenade, direkt am Meer

Am Landwehrkanal
Schloss Ritzebüttel ist ebenfalls noch geschlossen. Es gibt also einen Grund zur Wiederkehr!
So langsam hat der Himmel sich zugezogen, der nächste Regenguss kommt sicherlich. Deshalb kürze ich meine Erkundung der Sehenswürdigkeiten ab und radele wieder zurück zum Hotel. Auf dem Rückweg fängt es an zu schütten, der Wind kommt mir entgegen, irgendwann sehe ich nichts mehr, meine Regenjacke hat den Namen "Regen" wohl vergessen.

Im Hotel geht es unter die heiße (!) Dusche, es gibt dort Kaffee und ich bin wieder belebt.😄 Zum Abendessen gibt es Fisch, einfach lecker!

Am nächsten Morgen: Sonnenschein!!!😀 Heute radele ich nach Wremen. Das Meer ist mal wieder weg...
Spieka-Neufeld
Ich erfahre mehr über die grünen Kreuze, die mir schon zu Hause aufgefallen sind. Mit ihnen wird gegen den Agrarpakt protestiert, der im vergangenen Jahr verabschiedet wurde. Kleine und mittlere Höfe sind davon am stärksten betroffen - scheinbar sollen nur die Großen überleben. Das Paket muss noch den Bundestag passieren - also Leute, schreibt an Euren Abgeordneten! Wie Lebensverachtend (für Mensch und Tier) in den Großbetrieben gearbeitet wird, konnten wir aktuell u.a. von der Fa. Tönnies erfahren.

Der Hafen von Dorum-Neufeld ist malerisch mit den Wölkchen am strahlend blauen Himmel - ein Postkartenmotiv!
Dorum-Neufeld
Leuchtturmdenkmal Oberevesand
Gezeitenbrunnen
Deichbauerndenkmal
Zum Radfahren ist der Weg genial! Ab und an fahren Autos, aber der Verkehr ist spärlich. Der Wind kommt mir wieder entgegen - pfft, dafür habe ich nachher Rückenwind 😁

Weiter geht's! Oben auf dem Deich kann frau die Schiffe am Horizont sehen.
Aber auch der Blick ins Land ist reizvoll!
Kurz vor Wremen erfahre ich, dass Rintzeln und Remintzeln bei einer Sturmflut im Mittelalter vernichtet wurden. Damit verbunden ist (natürlich!) eine Geschichte: Fischer aus den Orten fingen eine Nixe ein und schleppten sie gewaltsam mit. Die Nixe verfluchte daraufhin beide Orte und sagte deren Niedergang voraus. "MeToo!" gab es schon immer...

Wremen. Nettes Dörfchen mit einer bezaubernden Rosenpracht! Selbst an den Geländern über Bächen ranken sich Rosen!
Bremerhaven am Horizont

Rosenduft!
Wegen den Hygienemaßnahmen hat noch nicht alles geöffnet. Auf meinem Weg zur Kurverwaltung habe ich eine entzückende Begegnung:
Der dazugehörige Hahn krähte hinter der Hecke, aber die Dame scharrte unbeirrt weiter😄🐔

Auf dem Rückweg ist das Meer endlich da:








Der erwartete Rückenwind bringt mich zügig zurück nach Spieka-Neufeld, wo ich noch einen Abstecher zum Kutterhafen mache.
Fischer - ebenfalls eine vom Aussterben bedrohte Berufsgruppe!
Naturschutz und Deichbau bzw. Küstenschutz wird stetig weiter betrieben, das führt zu solchen Anblicken:
Ordnung muss sein!

Alles für die Sicherheit!

Es führt ein Gleis nach Nirgendwo
Nachmittags fuhr ich mit dem Auto nach Cuxhaven, es war schon wieder Regen angekündigt. Eine Regenjacke hätte ich mir gekauft, wenn ich eine gefunden hätte, die mir gefällt. Statt dessen fand ich im Lotsenviertel ein entzückendes Cafe (eigentlich eine Bäckerei) mit einer Jugendstildecke und der dazugehörigen plüschigen, gemütlichen Einrichtung. Es gab eine fluffige Schoko-Sahne und dazu Kaffee 😋 - da kann es draussen wieder regnen. Da war es warm und trocken 😉

Der dritte Tag beginnt wieder mit einem tollen Frühstück:
Gestern sah ich, dass Bad Bederkesa nicht weit weg ist. Tante Guggle sagt, es seien mit dem Rädchen ungefähr 25km. Machbar. Für nachmittags ist wieder Regen angekündigt.

Zunächst begegnet mir Meister Adebar:
Auf Futtersuche
Die Beschilderung ist zwar vorhanden, mein Ziel steht nicht drauf. Die Karte meint, ich müsse durch Midlum zum alten Postweg. Beides finde ich.
Aktive Windkrafträder
Und dann - verirre ich mich in Holssel. Dort hätte ich abbiegen sollen, der freundliche Landwirt schickte mich weiter geradeaus. In Sievern finde ich ein Hinweisschild auf mein gewünschtes Ziel:
Von hier noch 25km bis Bad Bederkesa? Nein, ich ändere angesichts des Gegenwindes und des Regenradars meine Planung - ich radele Richtung Meer.
Grauwall-Kanal

Wremer Specken
Mein Auge freut sich über die Weite - hier kann frau wirklich Mittwoch sehen, wer zum Wochenende zu Besuch kommt 😄 Die Strasse ist gerade, der Wind kommt von der Seite - so komme ich nach Misselwarden, vorbei am alten Pfarrhaus.
Es wurde liebevoll restauriert:
1707 erbaut
Gruß an Agathe!
Die Alpakas, die dort ein Zuhause gefunden haben, sind mir nicht begegnet. Statt dessen erschreckt sich Meister Lampe:
Das Meer ist auch wieder da:
Mit Rückenwind bin ich schnell im Hotel. Mein Rädchen verstaue ich im Auto und starte einen Ausflug nach Bad Bederkesa.
"Einkaufende Hausfrau"
Beim Anblick der Statue auf dem Markplatz-Brunnen dachte ich an Rotkäppchen oder eine Gänseliesel. Dann las ich die Aufschrift der angebrachten Plakette: "Einkaufende Hausfrau", 1980 (!) von einem Bildhauer G. Olbrich geschaffen. Was hatte der Mann für ein Frauenbild? 😒

Der Burghof ist schön gestaltet, da können bestimmt nette Geschichten stattfinden:

Es ist Samstag nachmittag und die Bürgersteige zum Wochenende hoch geklappt. Aber ich finde ein Kaffee direkt am Bederkesaer See und fahre anschliessend ganz gemütlich zurück. Es waren 33km vom Hotel bis zum See... Da fehlte einfach zwischendurch das eine oder andere Schild...

Mein Fazit:
Es waren erholsame Tage. Ich habe die Stille genossen, den Klang des Windes und der Wellen, den geraden Blick bis zum Horizont, die leckeren Fischgerichte im Hotel - gerne komme ich wieder!

Abschied von der Wurster Nordseeküste