Donnerstag, 8. Juli 2021

Wieder ans Meer - der dritte Tag

Der gestrige Tag war doch ein wenig anstrengend gewesen. Zu wenig Pausen, zu wenig getrunken.Gut geschlafen!

Mein Ziel heute ist Wilhelmshaven. Dort war ich zuletzt vor über 30 Jahren und es sollen nur 20km sein. Das Wetter ist schön und sonnig, heiß soll es werden.

Am Mariensieler Tief
Über Schotens und Sande führt der Radweg - teilweise entlang der alten B210 und nicht unbedingt verkehrsarm, aber auf gut ausgebauten Radwegen. Überrascht bin ich, als ich im Industriegebiet Roffhausen am Auslieferungslager eines omnipräsenten Onlinehändlers (der einst ganz klein als Buchversand anfing und nach einer weiblichen Kämpferin benannt wurde) vorbei radele. Ich kenne auch die Lager in Koblenz und Bad Hersfeld, diese erschienen mir größer. 

Auch hier orientiere ich mich an den Knotenpunkten. Theoretisch sollen diese Strecken durch verkehrsarme Gegenden bzw. über Radwege führen. Hier bin ich in "Konkurrenz" mit großen LKW, fahre besonders vorsichtig wegen dem "toten Winkel" und komme heil nach Middelsfähr.

Schwäne mit Küken
Das Schwanenpaar hat auch moderne Baumaterialien benutzt, z. B. Plastik...
Am Ems-Jade-Kanal
Blick über den Jadebusen nach Dangast
Fischerdorf Bante

Wieder erlebe ich diesen ungehinderten Blick in die Ferne, während ich an dem Südstrand entlang radele:


Schließlich überquere ich die Kaiser-Wilhelm-Brücke, nachdem ich die "Gorch Fock" leider nicht fand. Gelesen hatte ich, dass sie aus dem Dock heraus ist und renoviert in den Einsatz geht.

So langsam wird es heiß und ich suche ein Pausenplätzchen. Museen haben noch geschlossen, es bleibt die Ansicht auf die Möglichkeiten:

Küstenmuseum

Gegenüber der Nordsee-Passage finde ich eine Bank im Schatten und verzehre mein Pausenbrot... Auch Wilhelmshaven ist eine Stadt mit allen Vor- und Nachteilen. Die Nordsee-Passage quere ich kurz, es ist ein helles, großzügiges Einkaufszentrum direkt am Bahnhof mit dem Angebot was auch andere Einkaufszentren bieten. Das Rädchen schiebend, bummele anschließend ich durch die Fußgängerzone. Coronabedingt (?) gibt es auch hier den vielerorts beklagten Leerstand. 

An einer roten Ampel steht neben mir eine Frau mit einem neuen E-Bike von Flyer. Ich spreche sie an und beglückwünsche sie zu dem Erwerb, wünsche allzeit gute Fahrt und radele los. Irgendwo hatte ich gesehen, dass es in Wilhelmshaven ein Rosarium gibt und das Navi gibt mir die Richtung vor, der ich folge. 

Immer wieder halte ich an, um meine Position zu überprüfen. Während ich so da stehe, werde ich gefragt, ob man mir helfen könne? Es ist die junge Frau, der ich vorhin an der Ampel begegnete. "Ach, das ist kein Problem, ich habe die gleiche Richtung, kommen Sie" und führt mich über Wege, die ich nie gefunden hätte, zum Botanischen Garten. Unterwegs tauschen wir uns ein wenig aus, nach diesem erfreulichen Gespräch verabschieden wir uns und ich besuche das Rosarium.

Rosarium
Eine ganz klare Empfehlung, diesen Ort aufzusuchen! Auch, wenn nur wenige Rosen blühten - es gibt unterschiedliche Gartenräume, die über Rundwege miteinander verbunden sind. Alte Bäume bieten Schatten, überall gibt es Sitzgelegenheiten (die derzeit nicht benutzt werden sollten) in allen Variationen, liebevoll gestaltete Pausenplätzchen laden zum Verweilen ein.

Außer ein paar Enten war ich wohl die einzige Besuchering

Nach dieser ausgiebigen Pause fehlt mir nur noch die Verpflegung - ein Kaffee und ein Eis wären jetzt willkommen! Leider finde ich beides nicht, deshalb radele ich aus Wilhelmshaven heraus Richtung Meer.

Ich überquere die Maade und folge wieder Knotenpunkten. Der Weg führt an einem Kraftwerk vorbei. Die Strasse ist gut ausgebaut und der Blick auf das Meer schön, das Wasser ist gerade mal da 😀

Jade-Weser-Port

Es folgt der Punkt, an dem ich lauthals lachen muss. Anlaß ist das Schild:

Steinkohlekraftwerk Wilhelmshaven
Steinkohlekraftwerk? Soweit ich weiß, gibt es in Deutschland keinen Steinkohleabbau mehr. Die letzten Zechen wurden 2018 stillgelegt, die Technik verkauft. Heute kommt die Steinkohle aus Russland. Es gibt den Beschluss der Regierung, aus dieser Energiegewinnung auszusteigen.

Man wirbt mit einem Nettowirkungsgrad von 46%, von dem Jade-Weser-Port führt ein mannsdickes Rohr vom Hafen direkt zu dem Kraftwerk. Über eine Milliarde Euro wurden investiert. Es gäbe soviel Möglichkeiten regenerative Energien zu nutzen... Reiches, armes Land!

Für heute ist mir die Lust vergangen. Es ist heiß und ich nutze den nächsten Knotenpunkt, um Richtung Jever zu radeln. Der Weg auf der Landstrasse ist ohne Radweg nicht sooo angenehm. Aber in Sillenstede entdecke ich einen Kiosk, der mit dem Schild "Coffee to go" wirbt und eine Sitzmöglichkeit bietet. Dazu ein Eis am Stiel und ein nettes Gespräch über Gott und die Welt mit dem Besitzer des Kiosk - meine Welt ist wieder in Ordnung und ich nehme die letzten Kilometer (von insgesamt knapp 56km heute) in Angriff.

Im Hotel angekommen ist die Dusche ein Genuß! Mein Abendessen gönne ich mir im Restaurant, in dem ich einen Platz auch ohne Anmeldung bekomme. Die Empfehlung des Tagesgerichtes - fangfrische Fische - war einfach lecker! 

Und zum guten Schluss gab es in der Eisdiele noch einen Espresso und ein Eis:





Sonntag, 4. Juli 2021

Wieder ans Meer!

Urlaub. Grundlegende Überlegungen im Vorfeld: überhaupt Urlaub? Flussreisen von Unterkunft zu Unterkunft angesichts weiterhin vorhandener Inzidenzen? Viele Jugendherbergen haben noch geschlossen, genauso Hotels und Pensionen. Ohne Planung ist mir das zu heikel. Aber so ein paar Tage Tapetenwechsel sind sicherlich nicht verkehrt!

Katalysator waren zwei Dinge: mein Arbeitgeber zahlte - wie versprochen entsprechend der Entgeltstufe - eine "Corona-Prämie" aus! Immerhin fast 600€ (wo ist der tanzende Smilie?)! Das andere Ereignis war weniger erfreulich: die Frau, die in der Wohnung unter mir wohnt, stand maximal empört mit erhobenem Zeigefinger vor mir. Wenn ich nochmal Zeitungspapier in der Bio-Tonne entsorgen würde, würde sie diese mir wieder bringen... Mein Entschluss, eine Reise zu unternehmen, wurde beschleunigt. Kurze Recherche im weltweiten Netz ergab Möglichkeiten. Nicht direkt an der Nordsee, aber in Jever fand ich ein Zimmer.

Mein Rädchen im Auto verstaut und es ging los! Die Fahrt verlief bis auf die üblichen Baustellen und ein hässliches Foto (zu tief geflogen) ohne Komplikationen. Die Wirtin im Hotel Pellmühle empfing mich freundlich, obwohl ich früher als vereinbart ankam.

Das Zimmer

Bad
Am Nachmittag erkundete ich Jever zu Fuß. Eine entzückende kleine Stadt mit Schloss und Schlossgarten, viel Geschichte und einer allzeit präsenten Brauerei.

Schloss Jever

Pfau im Schlossgarten

Fräulein Marie
Kosakenbrunnen
Kirche
1661 als Baujahr
Typische Bauweise
Schauwerkstatt für Blaudruck

Sagenbrunnen
Der nächste Morgen empfing mich mit Sonnenschein. Nach einem ausgiebigen Frühstück setzte ich mich auf mein Fahrrad und radelte los. Ein schleifendes Geräusch veranlasste mich, den gestern entdeckten Fahrradhändler aufzusuchen. Es wurden nicht viele Worte gemacht, das Schutzblech wieder zurecht gerückt - an dieser Stelle meinen Dank dafür!
Start in Jever

Nun konnte ich radeln... Ausgeschildert sind die Wege mit dem Knotenpunktsystem. Von diesem erhielt ich bei der Touristen-Information eine Karte, mit der ich mich orientieren konnte. Bis Hooksiel waren ca. 14km angezeigt. Schnell war ich dort.

Hooksiel
Hooksiel  

Auf dem Weg nach Hooksiel entdeckte ich plötzlich Hasen auf dem Feld! Einen kurzen Moment des Innehaltens, dann ergriffen sie die Flucht!

Hasen

Mittwochs schon sehen, wer Samstags zu Besuch kommt

"Fischers Sohn will Meer" in Hooksiel

Der alte Hafen in Hooksiel

Noch nicht müde, radelte ich weiter nach Horumer Siel. Waren bloß 8km immer am Deich entlang. 

Wilhelmshaven am Horizont

Landschaftspfleger in Ausbildung
Horumer Siel Hafen

In Schillig angekommen, stellte ich fest, dass der Strandbesuch Eintritt kostet. Und mit E-Bike auf Sand war keine Empfehlung... Es blieb beim Ausblick
Riesenrad am Strandbad Schillig
Am Horizont ein Leuchtturm und ein Containerschiff
Zufällig entdeckte ich den Naturstrand Schillig. Dort genoß ich ein paar Minuten Pause im Nordsee-Wind. Es waren noch mehr Fahrräder (alles E-Bikes) geparkt. Eines trug den Aufkleber von Fahrrad Feld-XXL😏
Wangerooge am Horizont
Das Meer ist weg!

Ich radelte entlang der Nordsee, über gut ausgebaute Wege und genoß den weiten Blick auf das Meer. Wobei - das Meer war weg. Hatte mich wohl kommen sehen und sich verzogen😉

Agathe?
Vom Informationszentrum Elisabethengrodendeich führte der Weg weg vom Meer (und Naturschutzgebiet) auf der anderen Seite des Deiches nach Harlesiel. Radfahrer, die ich nach einer Eisdiele fragte, empfahlen mir begeistert eine in Carolinensiel. Leider hatte diese Ruhetag. Auch die anderen Eisdielen, die mir Tante Google empfahl, waren geschlossen. 
Carolinensiel

Ich wollte einen vernünftigen Eiscafe, ein Eis, Pause - Pech gehabt! Mich in der örtlichen Bäckerei direkt an der Durchgangsstrasse hinsetzen - nein, jetzt war ich zickig. Dazu hatte ich keine Lust! Ich suchte mir den Weg Richtung Jever...

Lange nicht gesehen - ein Fasan!
Tierische Begegnungen hatte ich auf dieser Tour...
Mühle Berdum
Irgendwann landete ich in Wittmund. Dort gibt es in der Innenstadt das Äquivalent zum Walk of Fame: die Hands of Fame. Das Bild unten ist alleine für Erhard fotografiert. Er will ebenfalls 108 Jahre alt werden😊
Handabdrücke von Johannes Heesters

In Wittmund erhielt ich endlich (!) in der dortigen Bohnenbar einen Kaffee!!! Das Kuchenangebot überzeugte mich nicht, aber der Kaffee war o.k. 

Anschliessend schlenderte ich ein wenig durch den Ort und entdeckte noch ein Eiscafe! Bedingt durch Corona-Bestimmungen gab es keinen Service am Tisch, ich holte mein Spaghetti-Eis "auf die Hand" an der Theke ab.

Sicherlich hätte ich in Wittmund noch einiges entdecken können, aber so langsam war ich müde. Ohne weitere Umwege radelte ich zurück nach Jever in das Hotel. Über 73km war ich geradelt und rechtschaffen müde!

Fortsetzung folgt!