Sonntag, 11. Oktober 2020

Eine Radtour am Main, 7. Tag: von Aschaffenburg nach Offenbach

Der nächste Morgen. Die tägliche Temperatur-Kontrolle zeigt auch heute einen Normwert an. Status idem. 

Erst mal Frühstück! Das Angebot ist umfangreich und wird meinem Wunsch entsprechend an den Tisch gebracht. Ein älterer Herr findet sich überhaupt nicht zurecht, er versteht nicht, dass er seine Maske tragen soll und will sich am Buffet bedienen - ein dezenter Anflug von "Das geht so nicht" in den Augen der Hotelangestellten. Seine Ehefrau spricht in normaler Lautstärke in einfacher Sprache zu ihm, nimmt ihn an die Hand und kann ihn zum Tisch bringen. Aufatmen bei den Anwesenden. Ohne die durch Covid-19 entstandenen Hygieneregeln wäre die Situation nicht entstanden... Was mir wiederholt zeigt, dass die Situation für Menschen mit Handicap schwierig ist!

Großes Engagement habe ich nicht, aber abbrechen und aufgeben ist keine Alternative! Zumal die Sonne scheint und ein Ende der Tour in Sicht ist. Mein Ziel ist heute Offenbach.

Ruhig fliesst der Main

Immer wieder komme ich - wie gestern schon - an Maisfeldern vorbei. Die meisten Pflanzen sehen aus, als wären sie vertrocknet. Warum wurde nicht geerntet? Auch die Apfelbäume haben gelitten.

Ernteschäden

Brückenheilige habe ich in den vergangenen Tagen an fast jeder Brücke gesehen, auf der Brücke nach Mainflingen ist ein ungewöhnliches Exemplar zu bestaunen 😃Dargestellt ist St. Kilian, der mit Schlössern behangen ist:

Nachdem ich die Brücke überquert habe, bin ich in Hessen gelandet. Seligenstadt begrüßt mich mit der weithin sichtbaren ehemaligen Benediktiner-Abtei. 830 gegründet, wurden bis 1803 die Geschicke der Abtei von Benediktinern geleitet.
Seligenstadt beeindruckt mich mit restaurierten Fachwerkhäusern, in denen viele Einzelhandelsgeschäfte ihr Dasein fristen. Es ist Markt, der gut besucht ist. Ich bedaure, dass ich von den ganzen Leckereien nichts mitnehmen kann...

Aber ich finde ein Eiscafe 😃. Traditionell gibt es Spaghetti-Eis und Espresso. Während ich wegen eines Bettes für die kommende Nacht telefoniere, kommt ein Ehepaar vorbei. Sie waren heute morgen auch beim Frühstück in Aschaffenburg. Wir kommen ins Gespräch und sie berichten, dass sie dort ihren Standort haben, von dem sie jeden Tag in eine andere Richtung radeln. Nö, Flüsse hätten sie schon vor Jahrzehnten beradelt. Ein netter Erfahrungsaustausch! 

Für morgen habe ich in Mainz ein Zimmer reserviert, kurze Zeit später finde ich für heute ein Hotel in Bürgel. Entspannt radele ich weiter.

Gässchen in Seligenstadt
Auch in Seligenstadt sehe ich Bastelhäuser in friedlicher Eintracht neben gut restaurierten Häusern.
Staustufe Krotzenburg
Viele Schiffe sehe ich während meiner Reise nicht auf dem Main, deshalb ist die Begegnung an der Auheimer Brücke etwas Besonderes!
Am Himmel ein Flugzeug, auf dem Wasser ein Frachtschiff
Schloss Steinheim
Vom "Hafenbalkon" habe ich einen Blick auf Hanau und auf das alte Zollgebäude. Auf einer Tafel lese ich, dass Hanau einer der größten Mineralölumschlagplätze in Europa ist... Wissen ist Macht, nichts wissen macht (manchmal auch) nichts😇.
Altes Zollgebäude
Wasserspiele "Kanaltorbrunnen"

Auf dem Weg durch Hanau gucke ich nach neuen Trekking-Sandalen. In meinen teuren Lowa-Sandalen (die ich erst im vergangenen Jahr während meiner Neckar-Tour in Sulz kaufte) habe ich mir tatsächlich eine Blase an DIV links geradelt 😦! In einem Sportgeschäft sehe ich ein paar Meindl-Schuhe. Gegen besseres Wissen kaufe ich sie... Ob sie länger halten? Meine Lowa-Sandalen lösen sich bei genauer Betrachtung schon auf - sie waren ihr Geld nicht wert!

Ich überlege, ob ich mir das Forum in Hanau genauer betrachten will und stelle mein Rad zu einem ganzen Haufen anderer Räder. Während ich es abschliesse, kommt zierliche, kleine Dame (geschätzt 70 Jahre alt) mit Rollator auf mich zu und spricht mich an. Woher? Wohin? Sie erzählt, dass sie bis vor 1 1/2 Jahren noch mit dem Fahrrad unterwegs war, viele Touren hat sie unternommen. Gerne sei sie auch an der Donau geradelt, ebenfalls oft alleine, mit dem Bikeline-Reiseführer als Unterstützung. Ach, den hätte ich auch, das wäre schön! Aber jetzt könne sie kaum noch gehen "wegen der Luft" und wäre jetzt mit achtzig Jahren in ein Altenheim gezogen. Es war bewegend, wie die Dame von ihren Erlebnissen berichtete, so lebhaft und voll Bedauern, dass ihr das Reisen jetzt verwehrt ist. Ich solle auf alle Fälle reisen, solange es mir möglich sei, lautete ihr Ratschlag beim Abschied - das nehme ich gerne mit!

Den Besuch des Forums habe ich nach einem Blick durch die Türen auf unbestimmte Zeit verschoben. Einkaufszentren sind doch alle gleich... dieses macht keine Ausnahme!

Hanau - da war doch was? Während ich mein Rad durch die Stadt schiebe, fällt es mir wieder ein: im Februar fand dort ein rechtsextremistischer Anschlag statt, bei dem elf Menschen starben. Er reiht sich ein in die furchtbaren Anschläge in Solingen, Halle, Kassel...

Der Weg aus Hanau war nicht gut ausgeschildert, aber ich habe doch die Fähre Rumpenheim gefunden. Der dort Arbeitende hatte genaue Vorstellungen, wer in welcher Reihenfolge auf die Fähre darf und winkte entsprechend die Autos aus der Schlange der Wartenden raus. Ich wurde als Erstes barsch aufgefordert: "Maske auf!!!!" und durfte anschliessend warten, bis ich die Ehre hatte, die Fähre als Letzte betreten zu dürfen.
Auf dem Main
Die Fahrt war nur kurz, mit Hilfe von Google Maps fand ich den direkten Weg zum Hotel - wurde allerdings unterwegs aufgehalten, um das beste Eis dieser Tour zu genießen! Der Inhaber stellt das Eis komplett selber her - ein Genuss! Das Glas war viel zu schnell leer!😋
Selbst hergestelltes Eis!
Das folgende Bild entstand auch in dem Eiscafe. Manchmal stelle ich mir die Frage: "Was haben wir falsch gemacht?"

DasHotel "Mainbogen" war eine Enttäuschung! Angeblich hat es drei Sterne, aber so etwas Abgewohntes habe ich vorher noch nicht erlebt. Lichtschalter hängen lose in der Halterung, der Fernseher und das WLAN funktionieren nicht - die Mängelliste ist noch länger... Die Menschen am Empfang reagieren freundlich und wollen sich kümmern... 

Ich suche eine Gaststätte und frage eine junge Frau mit zwei Kindern, wo ich hier nett essen könne. Auf Deutsch ist keine Verständigung möglich, doch, sie lebt hier, aber spricht nur Englisch. Sie empfiehlt mir eine Döner-Bude, da könne ich Essen mitnehmen. Ich habe den Tip ignoriert, bin zum Main gegangen und habe im Bootshaus Bürgel gegessen:

Lecker und reichlich!

Heute etwas über 47 km geradelt. Reicht. Morgen radele ich nach Mainz, übermorgen nehme ich den Zug nach Hause.

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