Dienstag, 13. September 2022

Emsradweg - der 7. Tag

Am siebten Tage sollst Du ruhen. Steht irgendwo geschrieben. Nachdem ich gestern tatsächlich bis nach Emden radelte, fehlt mir heute die Motivation, wieder auf das Rädchen zu steigen. Gut geschlafen habe ich in dem Hotel "Oberledinger Hof". Zunächst war ich skeptisch, es liegt direkt an der Strasse. Aber mein Zimmer liegt tatsächlich nach hinten zum Hof und es ist ruhig!

Also packe ich nach dem ausgiebigen Frühstück alles für einen Spaziergang ein und gehe Richtung Innenstadt. Im weltweiten Netz habe ich gelesen, dass Sonntags eine Führung durch die Altstadt stattfindet. Wie ich finde, die beste Art, sich in einer Stadt zu orientieren! 

Wirklich - die Führerin zeigte und erzählte während der Führung viele interessante Geschichten über die Stadt Leer, deren Gebäude und deren Geschichte!

Rathaus
Die alte Waage
Museumshafen
Der Rathausturm
Interessant, wer hier alles vorbei läuft!
Dicke Bäume im Pfarrgarten der Lutherkirche
Wir erfahren interessante Details zu den unterschiedlichen Kirchenmerkmalen in Ostfriesland, die eine  Religionsgemeinschaft trägt ein Kreuz (Katholische Kirche) oder einen Hahn (Reformierte Kirche) oder einen Schwan (Lutherische Kirche) auf dem Dach. 
Kirchturm der Reformierten Kirche
Kirche der Mennoniten-Gemeinde
Nur Synagoge gibt es keine mehr. Sie wurde von den Nazis 1938 abgebrannt. 
Nach Ende der Führung spaziere ich weiter durch Leer und entdeckt die Haneburg, ein Wohnschloss mit zwei Flügeln, erbaut im 16. Jahrhundert. Leider kann das Haus nur von außen besichtigt werden, da hier die Volkshochschule untergebracht ist.
Die Haneburg
Tordurchgang Haneburg
Ein beeindruckendes Gebäude! Weiter führte mein Weg zum Plytenberg. 
Die Treppe auf die höchste Erhebung in Leer
Der Plytenberg liegt versteckt hinter dem Gelände der Berufsbildenden Schule, oben steht eine etwas marode Bank unter einer dicken Blutbuche, von der angrenzenden Bundesstraße ist der Verkehr deutlich zu hören. Sehen kann ich ihn nicht, dazwischen liegendes Gebüsch verhindert die Aussicht. 

Ich gehe zurück Richtung Altstadt. Auf dem Parkplatz "Zur großen Bleiche" steht tatsächlich der Bus mit dem "GM"-Kennzeichen, der mir am dritten Tag meiner Reise bei den Spargel- u. Erdbeerfeldern in Giltrup auffiel😊. Damals bewunderte ich die Fähigkeit des Busfahrers, rückwärts um die Ecke in eine schmale Zufahrt zum Hof zu rangieren! Es interessiert mich, ob eine Rundreise durch das Emsland durchgeführt wird, aber es ist keiner da, den ich fragen kann. Also gehe ich weiter über die typisch rot gepflasterten Straßen, die ich nur aus Norddeutschland kenne.
Meerwiefke
Weiter schlendere kreuz und quer ich durch Leer. Am Museumshafen erhalte ich jede Menge Informationen von den dort stehenden Tafeln. 
Museumshafen

Viele Häuser in der Altstadt sind restauriert und schmücken die Straßen:

Heimatmuseum

Wappentafel über einem Hauseingang
Ich komme zum Freizeithafen und finde nicht nur Seerosen, sondern auch ein historisches Dampfschiff, das gestern noch in Emden am Matjesfest beteiligt war: die "Prinz Heinrich", deren Stapellauf 1909 von der Meyerschen Werft in Papenburg erfolgte und eine spannende Geschichte hat!
Seerose
"Prinz Heinrich"
Auf der anderen Seite des Freizeithafens sehen die Häuser neu und nicht billig aus...
Freizeithafen
Mein Weg führt mich an dem bunten Haus vorbei, in dem das Teemuseum der Fa. Bünting untergebracht ist. Sonntags ist es leider geschlossen, sonst hätte ich mich sicherlich für die Geschichte des Hauses interessiert! So bleibt es beim Blick von außen.
Teeemuseum
An dem Haus nebenan ist eine Tafel angebracht, auf der die unterschiedlichen Motive erklärt werden - es finden sich das Wappen von Leer, die Herolde vom Gallmarkt, die Erdmantjes, die Riesenfräuleins vom Plytenberg, der Teeklipper, der "Oll Willm", die friesische Freiheit und die Figur der Telke.
Teelke
Die Teelke steht in Bronze gegossen auch gegenüber dem Stammhaus der Tee-Firma Bünting und offeriert dort Tee.
Ein altes Uhrengeschäft
Kunst!
In einem Geschäft sehe ich verschiedene Werke einer Künstlerin, Heike Karthaus. Ich finde die Interpretationen witzig! In einem Kaffeehaus bekomme ich nach kurzer Wartezeit einen Platz und geniesse ein Stück Friesentorte - lecker!
Mal kurz etwas mehr als 10 km gegangen...

Diese Erkundung quer durch die Altstadt von Leer war spannend - ein weiteres Erlebnis habe ich am nächsten Vormittag.

Weil mein Zug erst mittags fährt, radele ich zur Touristen-Information und frage nach dem Standort der Synagoge. Bei der Führung erfuhr ich jede Menge über die Kirchengemeinden - nur über das jüdische Leben in Leer klaffte eine Lücke. Die will ich schliessen! 

Die freundliche Angestellte der Touristen-Information versorgt mich mit ganz viel Material zu dem Thema "Jüdisches Leben in Leer". So haben Schüler des Teletta-Groß-Gymnasiums 2019/20 sich mit der Geschichte z. B. der ehemaligen jüdischen Schule in Leer befasst, in einem Generationen übergreifenden Projekt sorgfältig über das Leben während des Nationalsozialismus geforscht, Zeitzeugen befragt und wirklich interessante Broschüren verfasst - ich finde, dass andere Schulen sich dort ein Beispiel nehmen können!

Es darf nicht, niemals (!) vergessen werden, welche Grausamkeiten Menschen anderen Menschen angetan haben, nur weil diese einen anderen Glauben hatten, ein anderes Aussehen oder eine Krankheit!

Natürlich radele ich an dem ehemaligen Standort der Synagoge und der ehemaligen Schule vorbei, bevor mich der Zug nach Hause bringt!

Es waren wieder erlebnisreiche Tage, die ich an der Ems verbringen durfte! Ich überlege, wo meine nächste Reise hinführen wird! Bis dahin bedanke ich mich für das Lesen und bleibt gesund!

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen